Die Hüfte läuft mit

von Peter Gföller, Gelenkpunkt

Durch häufiges Sitzen und Bewegungsarmut wird unsere Hüftmuskulatur oft vernachlässigt. Dabei ist sie für eine gute Lauftechnik unerlässlich und die Stabilität des gesamten Beines ist von ihr abhängig. Gemeinsam mit der unteren Rückenmuskulatur ist die Hüftmuskulatur für alle Laufbegeisterten von großer Bedeutung und Verletzungen gehen mit einer erheblichen Einschränkung der gesamten Laufleistung einher, denn es sind die großen Muskelgruppen im Hüft- und Oberschenkelbereich, die für die Vorwärtsbewegung beim Laufen sorgen, Stöße abfangen und Knie und Füße in die richtige Position bringen. Die Hüfte und der untere Rücken bilden gleichsam den Dreh- und Angelpunkt der Kraftübertragung beim Laufen. Insbesondere der abspreizenden Muskulatur (Abduktoren) kommt beim Laufen eine besondere Bedeutung zu, da sie für die Stellung des Beckens während der verschiedenen Laufphasen verantwortlich ist.

Das Hüftgelenk selbst ist das größte Kugelgelenk unseres Körpers. Dabei ist das obere Ende des Oberschenkelknochens gelenkig mit dem Becken verbunden, der Knorpelüberzug sorgt für fast reibungslose Bewegung. Eine Kapsel umgibt die Gelenkteile und sorgt für Schmierung durch die Produktion von Gelenkflüssigkeit. Muskeln, Sehnen und Bänder sichern das Gelenk auch bei extremen Bewegungen und mehrere flüssigkeitsgefüllte Schleimbeutel polstern und befeuchten die umgebenden Strukturen. Diese Gleitgewebe ermöglichen den Muskeln und Sehnen eine fast reibungslose Bewegung gegeneinander und über Knochenvorsprünge.

Bei Läufern jeden Alters und Geschlechts können während und nach der Belastung Schmerzen im Bereich der Hüfte auftreten. Die Intensität des Trainings und die Trainingsumfänge spielen dabei eine wesentliche Rolle. Die Belastungsfähigkeit ist individuell sehr unterschiedlich, abhängig vom Grad einer möglichen Vorschädigung des Gelenkes vom Trainingszustand und vom gewählten Laufuntergrund. Deshalb ist eine Rücksichtnahme der Laufenden auf ihre persönliche Leistungsfähigkeit, auf die Frequenz und Intensität der Belastung und auf das Körpergewicht sinnvoll.

Was kann nun Hüftschmerzen beim Laufen verursachen und wie sieht deren Behandlung aus?

Schmerzen können sowohl von jedem Gewebe innerhalb des Hüftgelenkes selbst, als auch von Strukturen, die das Hüftgelenk umgeben, herrühren. Der Schmerz kann vorne in der Leiste, seitlich über dem Hüftknochen oder im Bereich des Gesäßes verspürt werden.

Den Laufneuling Plagen oft Entzündungen im Bereich der Muskulatur oder der Muskelansätze, vor allem, wenn die Trainingsintensität gesteigert wird. Dabei kann der Körper die, durch jede Belastung entstehenden, Mikroverletzungen nicht mehr rechtzeitig vor der nächsten Belastung reparieren. Dadurch wird das natürliche Gleichgewicht zwischen Verletzungsreiz und Regeneration gestört, eine Entzündung und Schmerzen sind die Folge. Entzündungshemmende Maßnahmen (Kühlung, Topfenumschläge) und gezielte Kräftigungs- und Dehnungsübungen, idealerweise unter physiotherapeutischer Begleitung, sind Therapie der Wahl.

Schleimbeutelentzündungen sind sehr häufig Folge eines neuen Belastungsreizes durch Wechsel des Untergrundes oder der Laufschuhe. Aber auch ungleichmäßige Belastung beider Hüftgelenke bei unterschiedlichen Beinlängen oder Laufen auf schrägem Untergrund (seitlicher Straßenrand) kann die Ursache für Probleme sein. Auch geringe Traumen können zu einer Reizung der Schleimbeutel beitragen. Zu den Symptomen gehören sowohl Schmerz, Druckempfindlichkeit, Steifigkeit, seltener Schwellung und manchmal Rötung. Durch Belastungsreduktion und lokale entzündungshemmende Maßnahmen gehen die Beschwerden meist rasch zurück, in hartnäckigen Fällen kann eine Injektion (Spritze) in den Schleimbeutel erforderlich sein.

Auch Probleme von Seiten der Lendenwirbelsäule beziehungsweise des Kreuz-Darmbein-Gelenkes können in Richtung Hüfte ausstrahlen und Schmerzen in diesem Bereich verursachen. Auch in diesem Fall helfen krankengymnastische Übungen und Rumpfstabilisierung, die Beschwerden möglichst rasch wieder loszuwerden.

Bei einer Gelenkabnutzung, einer sogenannten Arthrose, kommt es zum Verschließ des Gelenkknorpels und es reiben die Knochenoberflächen direkt aneinander. Dadurch kommt es zu Schwellung und Entzündung im Hüftgelenk selbst, Schmerzen in der Leiste und zunehmende Verschlechterung der Beweglichkeit sind erste Anzeichen. Laufsportler können ihrer Passion trotzdem oft noch lange nachgehen, sofern einige Punkte beachtet werden, dazu gehören: gute Laufschuhe, Wahl eines weichen Untergrundes sowie regelmäßige Kräftigung der Rumpf- und Gesäßmuskulatur. Dehnung zur Verbesserung des Bewegungsausmaßes hat oft einen negativen Effekt und kann die Beschwerden sogar verschlimmern. Die Therapie der fortgeschrittenen Hüftarthrose ist chirurgisch das Einsetzen eines künstlichen Hüftgelenkes. Auch mit einer neuen Hüfte müssen die Laufschuhe nicht an den Nagel gehängt werden, jedoch sollten die Umfänge reduziert und ein großes Augenmerk auf die muskuläre Stabilisierung gelegt werden.

Als Ursache für eine Hüftarthrose spielt das Laufen übrigens eine untergeordnete Rolle, vielmehr sind angeborene Formveränderungen der Gelenkkörper und chronische Erkrankungen ausschlaggebend.

Eine Reizung des Ischiasnerves, welcher im Bereich des Gesäßes durch die Muskulatur in das Bein austritt, entwickelt sich bei Läufern oft durch Überlastung der umgebenden Muskeln, Sehnen und Bänder. Ein hinten in den Oberschenkel und das Knie ausstrahlender Schmerz ist dafür typisch und Dehnung der verursachenden Muskeln Therapie der Wahl.

Bei zu kurzen Regenerationsphasen und zu hoher Intensität kann es zu einem Ermüdungsbruch – quasi einer „Materialermüdung“- am Oberschenkel- oder Beckenknochen kommen. Mitauslösende Faktoren können ein Wechsel des Laufuntergrundes (von weichem Waldboden auf Asphalt), geringe Muskelmasse oder Essstörungen sein. Dann helfen nur noch Belastungsreduktion und Alternativtraining (z.B. Aquajogging), bis sich der Knochen erholt hat und die Fraktur verheilt ist.

Im Rahmen einer Grippe, aber auch anderer Erkältungskrankheiten und Entzündungen, kommt es oft zu Gelenkbeschwerden, die auch vor der Hüfte nicht Halt machen und einen sogenannten „Hüftschnupfen“ verursachen können. Dieser verschwindet in der Regel mit der auslösenden Erkrankung, wenn auch etwas zeitverzögert.

Zu den seltenen Ursachen von Beschwerden im Bereich der Hüfte zählen Nervenreizungen, Gefäßerkrankungen sowie Verletzungen der Gelenkslippe (Labrum).

Grundsätzlich sollte jeder Schmerz im Hüftbereich beim Joggen ernst genommen und das Training pausiert werden. Die große Anzahl an unterschiedlichen Schmerzauslösern macht eine Diagnose oft schwierig und es ist auch für den erfahrenen Arzt nicht einfach, die genaue Ursache zu erkennen. Mit den modernen diagnostischen Hilfsmitteln wie Sonographie, Magnetresonanztomographie und einer eingehenden klinischen Untersuchung ist es jedoch möglich, die Ursache der Schmerzen festzustellen und den Patienten bezüglich einer weiteren Sportausübung zu beraten.

Generell sind hüftschonende Ausgleichssportarten wie Schwimmen oder Radfahren zur Trainingsergänzung sehr empfehlenswert. Hüftbelastende Sportarten wie Fußball, Eishockey, Turnen oder Kampfsport sind dagegen, vor allem wenn Beschwerden im Bereich der Hüfte vorhanden sind, wenig empfehlenswert.

Ein vollständiger Sportverzicht ist jedoch auch bei schweren Erkrankungen der Hüfte meist nicht sinnvoll, vielmehr sollte die Auswahl der richtigen Sportart sowie Frequenz und Intensität des Trainings und die individuellen Voraussetzungen Grundlage für die Trainingsplanung sein.

Vorbeugung von Hüftschmerzen

  • Verbessern Sie Ihre Beweglichkeit durch Dehnung der Hüftbeuger und -strecker.
  • Kräftigen Sie die Muskulatur im Bereich des Hüftgelenkes durch Übungen wie Ausfallschritte, Knieheben und seitliches Anheben des Beines im Liegen.
  • Verbessern Sie die Kraft und Ausdauer im Bereich der gesamten Rumpfmuskulatur, um die Stabilität und Koordination zu verbessern.
  • Achten Sie auf Ihre Haltung beim Sitzen, beim Gehen und Stehen.
  • Für Läufer ist es insbesondere wichtig, eine gute Lauftechnik zu entwickeln, dabei helfen Übungen des sogenannten „Lauf ABC“ ( Knieheben, Anfersen, Seitwärts- oder Rückwärtsläufe)
  • Tragen Sie gute Laufschuhe und wechseln Sie diese regelmäßig. Bei Problemen ist eine Laufanalyse vor dem Schuhkauf anzuraten.
  • Vermeiden Sie Übertraining, versuchen Sie nicht die Intensität und die Dauer oder Frequenz ihres Trainings zu schnell zu steigern.

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