Volkslauf, … tut gut!
von Reinhard Kessler (Präsident Tiroler Leichtathletikverband)
Autorennen gegen Sebastian Vettel? Geht sich finanziell für die meisten von uns nun wirklich nicht aus!
Boxen gegen die Klitschkos? Die Watschen tun denn doch zu sehr weh, als dass das eine ernsthafte Wettbewerbsidee wäre!
Tennis gegen Roger Federer? Da siehst du viel zu selten den Ball, als dass es nur ein bisschen Spaß machen könnte!
Ski-Rennen gegen Marcell Hirscher? Da fädelst du zu schnell ein! Und brichst dir möglicherweise auch noch den Haxn!
Wie wunderschön ist’s da mit Laufen, Volkslaufen! Gegen Haile Gebrselassie in Berlin, gegen Mo Farah in London. Oder gegen regionale Größen in der näheren Umgebung.
Klar, du siehst den vielfachen Weltrekordler, Olympiasieger und Weltmeister nicht einmal an der Startlinie, vielleicht dann aber bei der Siegerehrung (wenn du da schon im Ziel bist), du warst aber immerhin im selben Rennen und hattest so vielleicht einen emotionalen Anteil am gerade erzielten neuen Weltrekord.
Volkslauf heißt aber nicht nur Stadtmarathon in den Metropolen dieser Welt, sondern auch fünf und zehn Kilometer in Brixlegg, St. Johann und Innsbruck.
Und da läufst du dann gegen Simon Lechleitner in Innsbruck, den Peter Fankhauser am Achensee oder die Karin Freitag irgendwo am Berg oder sonst wo in der Tiroler Provinz.
Genau so selten wie gegen die Weltstars bei großen Stadtmarathons hast du die Chance, neben den Spitzenkräften der Region herzulaufen.
Und dann der Tag des Rennens:
Vorne stehen dann oft ein paar zweit- und drittklassige Profis aus Afrika und Ländern des Ostens, die von Start- und Preisgeldern leben (können). Dann die regionalen Spitzenkräfte, die neben einem Full-Time-Job ihrem Hobby mit großer Begeisterung nachgehen: Patissiers, Ärztinnen, Verkäufer, Sprachwissenschaftlerinnen, … Die Leistungen erbringen, die für einen Hobbysportler nicht so richtig nachvollziehbar und vorstellbar sind. Alleine der Trainingsaufwand ringt Respekt ab:100 und mehr km in der Woche, das Ganze neben einem Acht- und Mehrstunden-Tag, Trainings um 6:00 morgens, 10:00 abends (oder irgendwo dazwischen).
Und dann wir, mitten drin, statt nur dabei: am Start zu weit hinten, auf den ersten Kilometern im Gedränge, der (vergebliche) Versuch, Boden gut zu machen. Wenn dann das angebrachte Tempo endlich gefunden ist, geht’s vor allem darum, nicht überrundet zu werden. Also die erste Runde hinter sich zu bringen, bevor die um den Sieg Kämpfenden ihre zweite beendet haben.
Im Ziel dann der Stolz über die eigen Leistung. Die Zeit? Nicht so wichtig, Hauptsache nicht schlechter als der Herr Kollege („Wo ist der Peter?“ „ Keine Ahnung, aber hoffentlich hinter mir!“).
Und dann das Wichtigste: ein kleines (?) Bier, Manöverkritik und Heldengeschichten. Und die Vorfreude auf’s nächste Jahr.
Stadtlauf tut gut! Vor allem, wenn’s bis zum nächsten Mal noch den Nightrun und Silvesterlauf gibt!