Die Meldezahlen der großen Marathons steigen, während die Durchschnittszeiten der Finisher immer langsamer werden. Leistungen erbringen und Gemeinschaft erleben, die Sportkultur eines Landes ist der Spiegel ihrer Gesellschaft. Was zieht die Jungen heute an? Wir haben Veranstalter und Trendforscher dazu befragt. (von Jane Kathrein)
Jo Schindler, Renndirektor des Frankfurt Marathons, brachte die Geschichte des Frankfurtmarathon mit nach Wien. Bei den Impulstagen des Österreichischen Leichtathletikverbandes schauen Veranstalter in die Vergangenheit und in die Zukunft. 1981 liefen die ersten Marathonis am Main, Jo Schindlers Erfahrungen könnten als richtungsweisend gelten: er sieht einen starken Rückgang bei den jüngeren Jahrgängen. Schauplatzwechsel nach Berlin. In der deutschen Hauptstadt überlegt man den Marathonsonntag mit 40.000 Startern um den Samstag zu ergänzen. Was machen die Berliner anders als die Frankfurter? Beide haben eine lange Tradition, Spitzensport, ein hochwertiges Angebot für die Teilnehmer, attraktive Inszenierung. Nicht die Leistung zählt, sondern das vermutete und auch von den Veranstaltern versprochene Erlebnis. Berlin ist cool. Was cool ist zieht magisch an.
„Die Sportkultur eines Landes ist das Spiegelbild ihrer Gesellschaft.“ Reinhard Kessler, Tiroler Leichtathletik-Verband.
Die Teilnehmerzahlen großer Marathons wachsen, während die Durchschnittszeiten der Finisher immer langsamer und die Starterfelder kleinerer Marathons immer geringer werden. Kurze Distanzen wie Halbmarathon und auch Staffel-Läufe sind gefragt. Das Erlebnis zählt – ob vermutet oder vom Veranstalter versprochen ist zweitrangig. Reinhard Kessler sieht Sportformate wachsen, die sich nicht an Leistung orientieren. In Mud- und Adventure-Race, Hindernis-Bewerb und Parcouring stecken bereits Nervenkitzel und Spaß.
„Die Fremdbestimmtheit abzulegen und seine Individualität kennen zu lernen ist ein spannender Prozess, der sich immer wieder im Laufe einer Parkour-Karriere zeigt.“ Lukas Steiner, 4 Elements Academy (Wattens)
Lukas Steiner hat offenbar gefunden, was die Jungen suchen – es liegt abseits der Diskussionen um den richtigen Laufstil oder das richtige Equipment. Ohne Druck und ohne Technikleitbild entwickle der Athlet im Parkourlaufen seine Fähigkeiten. Er forme die Sportart und nicht umgekehrt. In seinem Trainingszentrum in Wattens treffen sich Mittwochs und Donnerstags die Parkourläufer und bringen das was gerade in ihnen reift nach außen. „In einem Leben das stark durch extern gesteuerte Regeln bestimmt wird, wie Verhaltensregeln, Schule, bietet sich der Parkour zum Ausbrechen an“, sieht Lukas Steiner die Freiheit die ruft. Ständig nach neuen Wegen suchen um sich herauszufordern, dabei entwickeln sich Standards abseits gesellschaftlicher Normen. Das schweißt die Community zusammen und diese wächst schnell. Durch die Hintertür hat auch Lukas Steiner den Parkour entdeckt. Saltos und ähnliche Bewegungsformen faszinierten ihn, also suchte er nach einem Weg diese auszuleben. „Erst Jahre später erfuhr ich, dass es hierzu den begriff Parkour bzw. Freerunning gibt. Als ich schließlich 2007 von Red Bull zu einem ersten internationalen Bewerb im Freerunning eingeladen wurde, war der Startschuss gefallen.“ Das wirklich coole am Parkour-Laufen sei, dass wir schon ales mitbringen was wir dazu brauchen. „Die Frage ist nur ob wir uns auf den Prozess einlassen.“ mehr dazu in der Print-Ausgabe des Magazines Innsbruckläuft #3 sowie im Interview mit dem Trendforscher Andreas Reiter.